Ein Kino für Bremervörde – gute Idee oder riskantes Experiment?

In Bremervörde wird wieder einmal größer gedacht. Im Bereich Westerende soll ein neues Gebäude entstehen, das moderne Architektur mit historischen Strukturen verbindet. Teil dieses Konzepts: ein Kino mit drei Sälen. Für viele klingt das nach Aufbruch, nach Kultur, nach einem Angebot, das es so in der Stadt lange nicht mehr gab. Und auch ich kann der Idee einiges abgewinnen. Ich gehe gern ins Kino. Filme auf großer Leinwand, gute Tonqualität, vielleicht ein Abend mit Freunden oder der Familie – das hat seinen Reiz. Trotzdem sollten wir uns die Frage stellen, ob wir damit nicht ein hohes Risiko eingehen. Denn Kino ist heute nicht mehr das, was es einmal war.

Wer sich an das letzte Kino in Bremervörde erinnert, denkt wahrscheinlich auch an leere Ränge. Viel Leute im Saal, ein angeblicher Blockbuster auf der Leinwand, daneben flackerte bereits der heimische Fernseher mit der neusten Streamingserie. Heute ist das Angebot an Filmen größer denn je, aber es kommt direkt ins Wohnzimmer. Wer will, kann für 12 Euro im Monat ganze Kataloge durchstöbern – ohne Anfahrt, ohne Popcornpreise, ohne Parkplatzsuche. Kino hat es in dieser Konkurrenz schwer. Und daran wird auch ein neues Gebäude allein nichts ändern.

Was also muss passieren, damit ein Kino in Bremervörde nicht nur eröffnet, sondern auch auf Dauer betrieben werden kann? Damit es kein schönes Projekt für den Moment wird, sondern ein kultureller Ort mit Zukunft? Die Antwort liegt nicht allein im Bau, sondern im Betrieb. Es braucht ein Konzept, das Menschen wirklich anspricht. Keine Kopie alter Lichtspielhäuser, sondern ein Angebot, das Kino wieder zum Erlebnis macht.

Dazu gehört mehr als ein Film. Es braucht Atmosphäre, Wohnzimmergefühl, gute Sitze, vielleicht Bedienung am Platz. Themenabende, Live-Übertragungen von Sport und Theater, Kinderkino mit Betreuung, günstige Familienangebote. Ein Kino, das sich in den Alltag der Menschen einfügt, nicht nur als Ort zum Filmschauen, sondern als Treffpunkt, Rückzugsraum, Kulturort. Das kann funktionieren – aber es funktioniert nicht von allein.

Auch die wirtschaftliche Seite darf nicht ausgeblendet werden. Ein Kinobesuch ist heute kein günstiger Spaß mehr. Wer als Familie mit zwei Kindern ins Kino geht, zahlt schnell über 100 Euro, wenn man Getränke und Snacks mitrechnet. Das ist eine Schwelle, die viele Menschen nicht mehr einfach nebenbei überschreiten. In Zeiten hoher Inflation und knapper Haushaltskassen ist die Zahlungsbereitschaft für Freizeitangebote begrenzt. Wer heute baut, muss sich morgen fragen lassen, wie dauerhaft ausgelastet der Betrieb ist. Sonst steht am Ende ein teures, aber leeres Gebäude im Zentrum – ein Symbol für gute Absicht ohne Plan.

Ich halte es für richtig, dass sich Bremervörde Gedanken über ein Kino macht. Aber ich halte es für ebenso richtig, dass wir nicht blauäugig in die Umsetzung gehen. Wer brauen will, muss Betrieb denken. Wer Kultur will, muss Wirtschaftlichkeit mitdenken. Und wer das Kino von morgen plant, darf nicht das von gestern und anderenorts wiederholen. Dann kann aus einer guten Idee ein dauerhaftes Projekt werden. Und vielleicht gehen wir dann tatsächlich wieder öfter ins Kino – nicht aus Nostalgie, sondern weil es sich lohnt.

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