In Deutschland läuft etwas schief. Wer bei einem Sportfest die Nationalflagge schwenkt, wird beklatscht. Wer sie auf einer politischen Kundgebung zeigt – und das nicht zur Fußball-EM – gerät dagegen schnell in den Verdacht, etwas Falsches zu vertreten. Manchmal reicht schon die Fahne allein, um ausgeschlossen zu werden. So geschehen bei einer Demonstration der „Omas gegen Rechts“, wo ein Teilnehmer mit Deutschlandfahne des Platzes verwiesen wurde. Was er sagte oder dachte, spielte keine Rolle. Das Symbol genügte.
Was sagt das über unser Selbstverständnis? Warum ist es in unserem Land verdächtig geworden, sich offen zur eigenen Nation zu bekennen? Weshalb fällt es vielen so schwer, zwischen gesunder Heimatverbundenheit und extremistischem Denken zu unterscheiden?
Ein Blick über die Grenzen zeigt: Es geht auch anders. In den Vereinigten Staaten gehört das Zeigen der Nationalflagge selbstverständlich zum Alltag. Ob an Schulen, bei Gemeindeversammlungen oder auf privaten Grundstücken – niemand dort käme auf die Idee, einen Bürger wegen seiner Flagge in eine politische Ecke zu stellen. Und die USA sind nicht weniger demokratisch. Im Gegenteil: Sie pflegen ein starkes Bewusstsein für Freiheit, Verantwortung und Gemeinsinn. Diese selbstverständliche Haltung fehlt uns zunehmend.
Dabei wäre es gerade heute wichtig, sichtbar einzustehen für das, was unser Land ausmacht: freie Wahlen, ein starker Rechtsstaat, soziale Marktwirtschaft, Meinungsfreiheit und eine vielfältige Gesellschaft, in der Millionen Menschen friedlich miteinander leben und sich engagieren. Die Nationalflagge steht für diese Errungenschaften. Wer sich aus Angst vor Missverständnissen davon distanziert, überlässt das Feld jenen, die unsere Symbole für ihre Zwecke vereinnahmen wollen.
Ein aktuelles Beispiel unterstreicht diese Entwicklung: In einem Landkreis wurde beschlossen, alle öffentlichen Gebäude regelmäßig mit der deutschen Fahne zu beflaggen. Die Diskussion, die darauf folgte, drehte sich weniger um die Bedeutung des Symbols als vielmehr um die Kosten für zusätzliche Fahnenmasten und die mögliche Abnutzung bei Sturm. Heimatliebe scheint mancherorts nur noch nach dem Verschleißgrad einer Stoffbahn bemessen zu wollen.
Es ist ein gefährlicher Irrweg, aus falsch verstandener Vorsicht patriotische Zeichen preiszugeben. Wer sich zurückzieht, öffnet Raum für Verzerrungen. Flagge zeigen heißt eben nicht, extremistischen Kräften hinterherzulaufen. Es heißt, sich selbstbewusst zu einer offenen, freien und sozialen Gesellschaft zu bekennen. Wer Patriotismus verächtlich macht, beschädigt nicht seine Gegner, sondern die demokratische Mitte.
Es wäre ein Armutszeugnis, wenn wir es jenen überließen, die Verfassungstreue und demokratische Werte nicht ernst nehmen. Unser Land verdient Bürger, die ohne Scheu Flagge zeigen – für Freiheit, für Recht und für eine Gesellschaft, die auf Zusammenhalt setzt, nicht auf Spaltung.
Patriotismus ist kein Vergehen. Er ist ein Zeichen von Verantwortung. Und wer ihn pflegt, stellt sich auf die Seite der Freiheit – nicht nur, wenn das Nationalteam spielt, sondern jeden Tag.