Verpackungssteuer: Teuer, bürokratisch, wirkungslos

Dass Umwelt- und Abfallfragen auch auf kommunaler Ebene nicht ignoriert werden dürfen, versteht sich von selbst. Doch was hilft tatsächlich – und was ist gut gemeint, aber schlecht gemacht? Die Verpackungssteuer, wie sie jetzt wieder diskutiert wird, gehört zur zweiten Kategorie. Zwar wird sie ausschließlich auf Einwegverpackungen erhoben, meist auf Coffee-to-go-Becher, Pizzakartons oder Plastikbesteck. Die Höhe liegt je nach Kommune beispielsweise bei 50 Cent pro Verpackung oder 20 Cent für Einwegbesteck. Die Einnahmen fließen in den städtischen Haushalt und sollen laut Befürwortern Umweltprojekte und Müllentsorgung finanzieren. Manche Kommunen koppeln die Steuer mit Anreizsystemen: etwa mit Rabatten für Mehrweg oder Gutscheinen für Kundinnen und Kunden. Klingt nach einem runden Konzept – ist es aber nicht.

Denn eine Verpackungssteuer ist vor allem eines: ein zusätzlicher Kostenfaktor. Für Gastronomen bedeutet sie mehr Aufwand, mehr Bürokratie, mehr Unsicherheit. Wer als kleiner Betrieb mit Imbissangebot oder Straßenverkauf auf Einwegverpackungen angewiesen ist, kann diese zusätzlichen Kosten nicht einfach auffangen. Sie werden entweder auf die Preise umgelegt – oder die Attraktivität des Angebots sinkt. Besonders ärgerlich ist das für Menschen, die auf günstiges Essen zum Mitnehmen angewiesen sind. Der kleine Snack in der Mittagspause wird dann zur teuren Ausnahme. Für Familien mit begrenztem Budget, Handwerker im Außendienst oder Schüler auf dem Nachhauseweg sind solche Preisaufschläge keine Kleinigkeit.

Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie effektiv eine solche Steuer überhaupt ist. Wer einmal für einen Kaffeebecher oder die Nudelbox bezahlt, wird das nicht automatisch sein Verhalten ändern. Und viele Menschen haben ohnehin keine echte Alternative – sei es aus Zeitgründen oder weil Mehrwegangebote in der eigenen Stadt schlicht fehlen. Eine Steuer ohne Infrastruktur, ohne einfache Rückgabe- und Spülsysteme, ohne klare Vorgaben für Anbieter ist kein Lenkungsinstrument. Sie ist eine fiskalische Maßnahme, die ein gutes Gefühl vermittelt, aber keinen wirklichen Unterschied macht. Die Zahlen aus anderen Städten zeigen: Die Müllmengen gehen dadurch kaum zurück. Dafür wächst der Aufwand in der Verwaltung – von Kontrolle bis Abrechnung. Was dabei am Ende tatsächlich bei Umweltprojekten ankommt, steht auf einem anderen Blatt.

Hinzu kommt: Ein solches Modell ist nicht neu. Einige Städte haben sie bereits eingeführt – unter anderem Tübingen, das als Vorreiter gilt. Der Rechtsstreit zwischen Stadt und einem Franchiseunternehmen eines großen Fastfoodkonzerns landete sogar vor dem Bundesverfassungsgericht. Mit Urteil vom November 2024 hat das Gericht entschieden, dass Kommunen grundsätzlich eine solche Steuer erheben dürfen – sofern sie sich auf Einwegverpackungen bezieht, die „typischerweise unmittelbar im Stadtgebiet entsorgt werden“. Diese Klarstellung hat nun eine Signalwirkung entfaltet: Viele Städte prüfen das Modell erneut. In der Hansestadt Buxtehude liegt bereits ein Antrag der Grünen-Fraktion zur Einführung einer Verpackungssteuer vor. Wer einmal das Tor öffnet, wird schnell zum Vorbild – ob man will oder nicht.

Auch wenn mir aus Bremervörde kein konkreter Vorstoß für eine solche Abgabe bekannt ist, spreche ich mich klar dagegen aus – jetzt und in Zukunft. Denn als jemand, der regelmäßig mit Menschen vor Ort spricht, weiß ich: Der Frust über steigende Preise, bürokratische Vorgaben und politische Bevormundung wächst. Wer eine echte Umweltpolitik machen will, muss an der Infrastruktur arbeiten – nicht an der Kasse. Wir brauchen mehr Mehrweg – aber ohne Moralkeule. Wir brauchen klare Standards – aber keine neuen Gebühren. Wir brauchen weniger Müll – aber mit Lösungen, die Bürger und Betriebe mitnehmen, statt sie gegeneinander auszuspielen.

Eine Stadt wie Bremervörde braucht keine Steuer, die gute Absichten teuer verkauft. Wir brauchen Vernunft, Augenmaß und den Mut, einfache Lösungen zu fördern: Investitionen in öffentliche Mehrweg-Initiativen, Partnerschaften mit der Gastronomie, Aufklärung statt Aufschläge. Umweltbewusstsein wächst nicht durch Strafzahlungen, sondern durch Vorbilder und Vertrauen. Eine Steuer ist kein Ersatz für Haltung – erst recht nicht auf kommunaler Ebene. Deshalb sage ich klar: Bremervörde kann mehr – aber bitte ohne Verpackungssteuer.

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